Kugelkäfigverschiebung: Fragen und Antworten
Die Kugelkäfigverschiebung (KKV) kann bei Teleskopschienen sowie auch bei Linearführungen auftreten. Dieses Phänomen ist zum Glück eher selten jedoch kann der Grund für eine KKV sehr vielseitig sein. In diesem Beitrag soll näher auf dieses Thema eingegangen werden. Unser Lineartechnik-Spezialist Beat Schwizer von HA-CO Motion AG, Altendorf (CH) gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was gibt es für Anwendungen für kugelkäfiggeführten Teleskopschienen?
Weltweit werden über 99% aller Teleskopschienen als kugelkäfiggeführte Schienen eingesetzt vzw. als Leichtbauteleskopschienen. Diese Massenprodukte sind preislich sehr lukrativ und werden somit in sehr hohen Stückzahlen industriell gefertigt! Die Schienen werden vielseitig eingesetzt:
- Möbel- und speziell in den Küchenindustrie
- Im Maschinenbau: Verpackungsmaschinen, Abdeckungen v. Werkzeugmaschinen, Inspektions- und Prüfmaschinen …
- In der Automation als Zuführung, in Vorrats-Puffertürmen, Montageautomaten …
- In der Intralogistik bei den Shuttles und Hochregallagern, bei Ladungsträgern …
- In der Medizinaltechnik für Schubladen, Zuführungen, Pufferlager …
- In der Zubehöreinheiten in der Industrie für Schubladen, Korpusse, Lagereinheiten …
Wie bemerkt man ein Kugelkäfigverschiebung?
Die Teleskopschienen / Schubladenschienen können nicht mehr ganz ausgezogen werden, sprich der maximale Hub gemäss Datenblatt wird nicht mehr erreicht. Die Kugelkäfige der Teleskopschienen sind nicht zwangsgeführt d.h. alle Einzelteile innerhalb der Schiene werden nicht synchronisiert ausgezogen. Dadurch kann es bauart- und einbaubedingt zu einer KKV kommen.
Ein Ausziehen auf die maximale Auszugslänge wird dann notwendig. So werden die Kugelkäfige wieder ausgerichtet. Dies erreicht man indem die Schublade bis zum Endanschlag ausgezogen wird. Das Ausziehen kann strenger oder leichter ausfallen und hängt auch wieder von verschiedenen Faktoren ab. Nach eventuell mehrmaliger Wiederholung laufen die Teleskopschienen wieder leichtgängig und ohne Verschiebung.
Weshalb kann eine KKV auftreten?
Dies ist nicht so einfach zu beantworten. Es gibt zig verschiedene Faktoren welche Einfluss haben können, auch ist eine Kombination mehrerer davon möglich. Den genauen Grund zu evaluieren kann sehr aufwändig sein! Untenstehend haben wir versucht einige Gründe aufzulisten jedoch ist auch immer auf die entsprechende Anwendung genauer zu betrachten:
- Vibrationen: Sie treten beim Transport auf und entstehen auf Maschinen / Fahrzeugen. Auch können sie von einem Kompressor, Motor usw. auf die Anwendung einwirken
- Ungleichseitige Belastung: Eine der beiden Schienen wird stärker belastet
- Verschmutzung: Bewirkt, dass eine Schiene mehr klemmt als die andere.
- Einbau Parallelitäten: Sind die Schienen nicht parallel eingebaut können diese ganz leicht verklemmen. Es gibt verschiedene Parallelitäten, welche angeschaut werden müssen z.B. sind die Schienen von Korpus zu Schublade in gleicher Achse etc.
- Einbaumasse: Stimmen die Einbaumasse nicht und werden die Schienen zusammengedrückt, wiederum kann es zu Verklemmungen kommen.
- Sehr breite Schubladen: Wenn die Schubladen breiter sind als tief. Dies erhöht die Möglichkeit einer einseitigen Belastung.
- Zu schwach konstruierte Schubladen (Steifigkeit): Dadurch kann es ein Durchbiegen der Schubladen geben und dies ergibt ein Drehmoment auf die Teleskopschienen. Diese Drehbelastung reduziert auch die Lebensdauer der Teleskopschiene, da auch hier wiederum die Gefahr von Verklemmungen droht.
- Handgriff: Ist der Handgriff nicht in der Mitte der Schublade angebracht, können unterschiedliche Kräfte auf die Schienen wirken.
- Einbaulage: Eine vertikale Einbaulage (Teleskopschiene gestellt) wird benötigt.
- Einbaulage horizontal: Bei wenigen Teleskopschienen kann man die Schienen auch ablegen/horizontal einbauen. Die Durchbiegung ist wesentlich grösser und kann sich auch nachteilig auswirken.
- Reduzierter Hub: Wird die Schublade öfters nicht bis zum Endanschlag herausgezogen, fördert dies die Käfig-Verschiebung.
- Temperaturunterschiede: Können verschiedene Parameter verändern und zu einem Klemmen führen.
- Schnelle Verschiebebewegungen: dies in Kombination mit anderen Punkten kann verstärkend wirken
Gibt es Möglichkeiten, um bei eingebauten Schienen die Kugelkäfigverschiebung zu verhindern?
Als erste Massnahme müssen die oben erwähnten Bedingungen kontrolliert und verbessert werden. Dies reduziert in den meisten Fällen die Fehleranfälligkeit und erhöht so die Lauffähigkeit der Schienen.
Weiter haben wir bei ganz wenigen Führungen / Teleskopschienen die Möglichkeit etwas kleinere Kugeln (0.01mm und mehr) einzusetzen. Dadurch erhöht sich das Spiel in der Schiene und der Kugelkäfig kann wieder einfach in die richtige Position geschoben werden.
Leider ist dies bei den Blechteleskopschienen und somit bei den meisten Schienen aufgrund der Massenfertigung nicht möglich.
Gibt es Alternativen zu den kugelkäfiggeführten Teleskopschienen?
Mit der Hilfe von Rollen-Teleskopschienen umgeht man das Problem der KKV. Bei solchen Teleskopschienen kann bauartbedingt nie eine Kugelkäfigverschiebung auftreten. Der unbedenkliche vertikale Einbau von Rollenteleskopschienen ist ein weiterer Vorteil.
Neben den Rollenführen kann man auch mit Kugelumlaufführungen Teleskopschienen bauen. Auch hier gibt es keine Verschiebungen und ebenso können diese in der Vertikalen eingesetzt werden. Dank den steiferen und erhöht belastbareren Führungssystemen kann man hier andere Bauformen und Anwendungen erzielen.
Neben all den Vorteilen hat es leider auch Nachteile. So sind diese Schienen um einiges teurer, können teilweise weniger Belastung insbesondere bei den Rollen aufnehmen und haben einen grösseren Querschnitt als die Kugel-Versionen.
Hat HA-CO diese Alternativen im Sortiment?
Solche Schienensysteme sind Spezialprodukte und somit haben wir diese nicht standardmässig im Angebot. Aber wir haben schon einige Projekte für Kunden ausführen dürfen. Entsprechend gross ist die Erfahrung in der Auslegung und Berechnung. Da dies jedoch immer kunden- und anwendungsspezifisch ist, bedarf es hier erhöhten Beratungsaufwand. Dies grenzt uns als Systemlieferanten von Standardhändlern ab.